Die Stiftung «I care for you», die von Corinne Wissing-Daepp (43) geführt wird, ermöglicht Crowdfunding-Projekte im sozialen und humanitären Bereich. Teams werden von der Vorberatung bis hin zur Umsetzung der Crowdfunding-Kampagnen begleitet und gecoacht. Die Stiftung selber hat im März 2020 das Projekt #zämefüralli gestartet. Diese Aktion unterstützt Menschen, die wegen dem Corona-Lockdown auf kein Einkommen mehr zählen können.
Learning 1: Transformation von der Profitwirtschaft zum Non-Profit Bereich
Zu Beginn meiner Karriere war ich in diversen Unternehmungen tätig. Davon einige Jahre bei der damaligen Swisscom Mobile. Mit der Marktöffnung 1999 drängte die Konkurrenz mit attraktiven Angeboten auf den Markt und liess Kundenbindung zum obersten Credo werden. Es war ebenfalls die Zeit des Ausprobierens, Analysierens, Verbesserns und Entwickelns. In dieser Zeit war die Lernkurve für die Branche und auch für mich enorm. Die Adaptierung dieses Wissens in die Non-Profit-Welt ermöglichte es mir, später als Beraterin für Non-Profit-Organisationen eine effektivere Spendensammlung und somit einen besseren Einsatz des Spendenfrankens zu realisieren.
Learning 2: Ist das Zielpublikum nicht dasselbe, verändert sich vieles
Der Verkauf von Kalendern zu Gunsten von diversen karitativen Organisationen war eine sichere Spendenquelle. Soweit die damalige Erfahrung. Dabei konnte man auch darauf zählen, dass Kunden, die das Heft nicht wollten, es wieder zurücksenden.
In Anlehnung an dieses Businessmodell haben wir deshalb mit einer Organisation ein Malheft entwickelt mit dem Ziel, auch hier Spendengelder zu generieren. Das Businessmodell konnte aber nur funktionieren, wenn die Nichtspendenden das Heft zurückschicken. Das Zielpublikum dieser Aktion war jünger und das Malheft für ihre Kinder gedacht. Die Spenden liefen soweit auf gutem Niveau – doch die Nichtspender*innen schickten das Heft nicht zurück. Dies führte dazu, dass das Projekt nach kurzer Zeit beendet wurde, weil es zu wenig Netto-Spenden generierte.
Learning 3: Projektmanagement im Eiltempo
Am 16. März 2020 wurde der Lockdown in der Schweiz Tatsache. Bereits am 15. März kam Nicole Herzog, Stiftungsrätin, auf mich zu, um ein Projekt zu starten für die Menschen, die wegen der getroffenen Massnahmen in finanzielle Notlage geraten. Dieses Telefongespräch war zugleich ein Brainstorming, am Ende war die grobe Idee skizziert: Wir wollten Menschen helfen, die unmittelbar ohne Einkommen dastanden. Meine Aufgabe war die operative Umsetzung des Projektes zu erarbeiten – wer soll profitieren, wie soll man das Geld beantragen, wie wird kommuniziert, welche Kanäle sollen wir bespielen? Nach zwei Tagen war das Konzept geschrieben und die Basis für die Kampagne gelegt. 10 Tage nach dem ersten Call war das Projekt umgesetzt und die ersten Menschen wurden unterstützt. Die rasche Umsetzung war dank einfachen Strukturen, klarer Verteilung der operativen Aufgaben und guter Arbeitsaufteilung möglich. Die Einbindung der Stärken des gesamten Teams sowie Externen waren zentrale Erfolgsfaktoren.
Learning 4: Flexible Arbeitszeiten führen zum Erfolg
«I care for you» findet online statt. Da viele Projektstartende im normalen Leben einer beruflichen Tätigkeit nachkommen, sind ihre «Projekt-Arbeitszeiten» sehr variabel. Mein Team und ich arbeiten deshalb nicht unbedingt zu normalen Bürozeiten, sondern wir versuchen, uns dem Bedürfnis unserer Kund*innen weitest möglich anzupassen. Das heisst auch einmal Support um 21.00 Uhr oder am Wochenende. Diese Flexibilität ist möglich, weil ich als Vorgesetzte den Mitarbeitenden zugleich die Möglichkeit und das Vertrauen gebe, ihre Arbeitszeit auch den eigenen Wünschen anzupassen – so sind sie auch bereit zu unterstützen, wenn es notwendig ist.
Learning 5: Agile Planung führt zu Lebensqualität
Ich bin Mami von drei Kindern – einem Mädchen (10 Jahre) und Zweieiigen-Jungs (8 Jahre). Jeweils nach den 3 Monaten Mutterschaftsurlaub habe ich wieder angefangen zu arbeiten – 60%, damit die Kinder auch etwas von mir als Mami haben. Aber auch, damit ich Zeit für Sport habe. Vieles ist möglich, auch mit Beruf und Kindern, Organisation und Planung ist dabei das A und O! Heute ist es für mich ein Privileg, dass ich meine Arbeitszeit selber einteilen kann und die Möglichkeit habe, Beruf, Familie und Freizeit so zu gestalten, dass ich am Ende des Tages meinen Verpflichtungen und Bedürfnissen gerecht werden kann.