Nachgefragt bei Dr. Alex Gertschen, Leiter Kommunikation und Vernetzung der SQS

Die Schweizerische Vereinigung für Qualitäts- und Management-Systeme (SQS) feiert 2023 ihr 40-jähriges Bestehen. Sie war eine weltweite Pionierin und ist in der Schweiz noch heute die Marktführerin im Bereich der Bewertung und Zertifizierung von Organisationen. Wir haben bei Alex Gertschen nachgefragt, welchen Mehrwert die SQS gerade KMU bietet und wo die Organisation im Jubiläumsjahr steht. 

Alex Gertschen

Dr. Alex Gertschen, Leiter Kommunikation und Vernetzung der SQS

Im Jahr 1983 wurde die Schweizerische Vereinigung für Qualitäts- und Management-Systeme (SQS) gegründet. Was war der Ursprung?
Der Ursprung war die zunehmende internationale Arbeitsteilung. Die Lieferketten wurden komplexer. Immer öfter arbeiteten Unternehmen zusammen, die sich nicht oder wenig kannten. Das schuf gerade in der spezialisierten und international vernetzten Schweizer Wirtschaft ein Bedürfnis nach Transparenz, Verbindlichkeit und Glaubwürdigkeit.
Inwiefern befriedigte die SQS dieses Bedürfnis?
Um sicherzugehen, dass die Zulieferer ihre Qualitäts- und anderen Anforderungen erfüllten, führten Unternehmen immer mehr Audits durch. Das war für beide Seiten aufwändig. Stattdessen zertifizierte mit der SQS eine unabhängige und kompetente Organisation die Qualitätssicherung und später die Managementsysteme der Unternehmen. Ein Audit ersetzte viele. Das senkte den Aufwand, stärkte die Glaubwürdigkeit der Marktteilnehmer und schuf so Vertrauen in den Lieferketten. Dass dies einem allgemeinen Interesse entsprach, zeigt sich daran, dass die SQS als Verein von Wirtschaftsverbänden und Bundesbehörden gegründet wurde.
Wie hat sich die Organisation seither entwickelt?
Als Marktführerin spiegelt die SQS die allgemeine Entwicklung des Marktes für Zertifikate – vor allem für ISO-Zertifikate. Bis in die 2010er-Jahre gab es ein starkes Wachstum. Getrieben wurde es durch die Bedeutung von Managementsystemen in den Bereichen Qualität (ISO 9001), Umwelt (ISO 14001) sowie die Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (ISO 45001). In den letzten Jahren hat sich das Wachstum hin zu branchenspezifischen Spezialnormen verlagert, zum Beispiel für Lebensmittelsicherheit. Zudem steigt die Nachfrage nach Nachweisen im Nachhaltigkeitsbereich.
Welche Themen und Branchen deckt die SQS ab?
Die SQS ist in praktisch allen Branchen tätig und zertifiziert nach rund 100 Normen und Standards. Das ist in der Schweiz einzigartig und auch international aussergewöhnlich. Besonders wichtig: Wir sind für viele dieser Normen von der Schweizerischen Akkreditierungsstelle (SAS), die beim SECO angesiedelt ist, akkreditiert.
Das bedeutet?
Die SAS prüft Jahr für Jahr, ob wir die Anforderungen an eine Konformitätsbewertungsstelle erfüllen. Von uns ausgestellte Zertifikate gelten deshalb als akkreditiert, was ihnen eine besondere Qualität und Glaubwürdigkeit im Markt gibt.
Für welche KMU macht eine SQS-Zertifizierungen Sinn?
94 Prozent unserer 9000 Kunden sind KMU. Sie lassen sich aus mehreren Gründen zertifizieren. Für den Marktzugang und die Aussenwahrnehmung: Ein Zertifikat wird von Kunden, dem Regulator oder anderen Anspruchsgruppen verlangt oder honoriert. Für die Unternehmensführung und -entwicklung: Managementsysteme reduzieren Komplexität, steigern die Qualität und Zuverlässigkeit und so die Kundenzufriedenheit. Hierfür sind gerade die Audits wichtig.
Warum?
KMU sind oft vom Alltagsgeschäft absorbiert. Für strategische Überlegungen fehlen oft die Zeit oder andere Ressourcen. Die Auditierenden bringen anlässlich des jährlichen Audits eine kompetente Aussensicht ein, die oft auf Hunderten von Audits beruht. Daraus ergibt sich oft ein Dialog, den die Kunden sehr schätzen.
Gibt es spezielle Aktivitäten rund um das SQS-Jubiläum 2023?
Wir haben verschiedene Anlässe für Kunden und Mitarbeitende organisiert. Zudem habe ich im Auftrag der SQS und in Zusammenarbeit mit zahlreichen Wissenschaftlern, Journalistinnen und weiteren Experten ein Sachbuch über Normen- und Standardsysteme in der Schweiz herausgegeben. Es zeigt auf, wie sie ihren betriebswirtschaftlichen und gesellschaftlichen Nutzen stiften, und welche Bedeutung sie für eine nachhaltige Entwicklung und Unternehmensführung haben.
«Räderwerke der Normalität – Wie Normen und Standards Vertrauen schaffen»

«Räderwerke der Normalität – Wie Normen und Standards Vertrauen schaffen»

Alex Gertschen hat im Auftrag der SQS im Verlag NZZ Libro das Buch «Räderwerke der Normalität. Wie Normen und Standards Vertrauen schaffen» herausgegeben. Es gibt erstmals einen Überblick über Normen- und Standardsysteme in der Schweiz. Solche Regelwerke erleichtern es Unternehmen, hohe Erwartungen zuverlässig zu erfüllen. Sie tragen so zu unserem Vertrauen in eine Normalität bei, die sich durch Qualität, Sicherheit, Komfort und nicht zuletzt Wohlstand auszeichnet – und deshalb keineswegs «normal» ist. Das Buch zeigt dies anhand von Grundlagenartikeln und Fallbeispielen auf – etwa den Jungfraubahnen, die 2013 den SVC-Preis gewannen und ihren Gästen wie selbstverständlich einen angenehmen und sicheren Ausflug ins Hochgebirge ermöglichen.

Alex Gertschen
Name
Dr. Alex Gertschen
Position / Unternehmen
Leiter Kommunikation und Vernetzung der Schweizerischen Vereinigung für Qualitäts- und Management-Systeme (SQS); Assoziierter Forscher an der Universität Bern und Lehrbeauftragter an der Universität St.Gallen
Unternehmensbeschreibung in 3 Sätzen

Die SQS begutachtet und zertifiziert Managementsysteme, Produkte und Dienstleistungen. Sie ist zudem in der Aus- und Weiterbildung sowie der Entwicklung von Standards tätig. Damit unterstützt sie Unternehmen insbesondere in den Bereichen der Qualität, Umwelt, Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit sowie in der nachhaltigen Unternehmensführung.