Nachgefragt bei Franziska Fischer, Ökonomin Credit Suisse (Schweiz) AG

Am Donnerstag, 4. Mai 2023, fand das erste Emmental Economic Forum mit über 100 spannenden Persönlichkeiten aus der Emmentaler KMU-Community in Zollbrück statt. Einleitend stellte Franziska Fischer in ihrem Referat zur Emmentaler Wirtschaftsleistung die Stärken und Schwächen des Emmentals im schweizweiten Vergleich und Wissenswertes zu den wirtschaftlichen Herausforderungen vor. Wir wollten es aber noch ein bisschen genauer wissen und fragten bei Franziska Fischer nach.

Emmental Economic Forum

Franziska Fischer (Ökonomin der Credit Suisse (Schweiz) AG) beim Referat zur Emmentaler Wirtschaftsleistung

Was sind die Stärken und Schwächen des Wirtschaftsstandorts Emmental?
Auf den ersten Blick ist die Standortattraktivität des Emmentals unterdurchschnittlich. Das zeigt unser Standortqualitätsindikator SQI. Die Gründe dafür liegen vor allem in der recht hohen Steuerbelastung für Haushalte und Unternehmen. Aber auch die verhältnismässig geringe Erreichbarkeit trägt dazu bei – schliesslich ist das Emmental eher dünn besiedelt, hat keine Autobahn, und auch der nächste Flughafen ist nicht gerade um die Ecke. Dafür kann das Emmental im Ausgleich mit einer hohen finanziellen Wohnattraktivität punkten. Zudem verfügt die Region über ein grosses Angebot an Fachkräften, auf die vor allem KMU gerne zurückgreifen. Insofern überrascht es nicht, dass das Emmental Heimat von vielen erfolgreichen und innovativen KMU ist, die stolz darauf sind, in der Region zu Hause zu sein.
Wie wird sich die Wirtschaft / Unternehmenslandschaft im Emmental entwickeln?
Wie viele andere Regionen und der Rest der Schweiz hatte auch das Emmental in den vergangenen Jahren mit einer langen Liste an Herausforderungen zu kämpfen – von der Pandemie über Lieferkettenstörungen und Rekrutierungsschwierigkeiten hin zur hohen Inflation. Und nun kommen auch noch die steigenden Zinsen und eine konjunkturelle Flaute dazu. Die Wirtschaft war und ist in diesem Umfeld konstant gefordert, muss agil bleiben und sich anpassen. Das gilt ebenso für die Unternehmen im Emmental. Doch in den Herausforderungen liegen auch Chancen. Wer sie meistert, der ist für die Zukunft fit und wettbewerbsfähig.
Gibt es Unterschiede zwischen den Branchen?
Die Aussichten unterscheiden sich durchaus stark zwischen den Branchen. Wenn wir uns die Branchenstruktur des Emmentals anschauen, stellen wir fest, dass die Landwirtschaft, Nahrungsmittelindustrie und der Detailhandel viele Einwohner beschäftigen. Hier ist die Inflation sicher die grösste Herausforderung, die sollte aber im Laufe des Jahres zurückgehen und Linderung verschaffen. Ebenfalls sehr bedeutend ist das Gesundheits- und Sozialwesen, das sich angesichts des demographischen Wandels wohl noch auf längere Zeit auf einen noch brisanteren Fachkräftemangel einstellen werden muss. Nicht zuletzt sind viele KMU in der Industrie oder im Ausbaugewerbe aktiv. Alle exportorientierten Branchen spüren bereits jetzt den starken Franken und die globale Wirtschaftsschwäche. Für das Ausbaugewerbe dürften dagegen die steigenden Zinsen und ein allfälliger Rückgang in der Bautätigkeit die Aussichten bestimmen.
Welche Zukunft steht dem Emmental bevor?
Die Einwohnerzahl des Emmentals ist in den letzten dreissig Jahren deutlich langsamer gewachsen als im Rest der Schweiz. Kombiniert mit dem demographischen Wandel wird das mittelfristig den Personalmangel verschärfen. Allerdings bietet die Attraktivität des Emmentals als Wohnregion gerade in Zeiten von Homeoffice und flexiblen Arbeitszeiten auch Chancen und könnte vermehrt Zuzügler anziehen. Die Verbesserung der Verkehrslage und Pendelwege ist hier entscheidend. Wichtig für die Zukunft ist auch die Positionierung in Nachhaltigkeitsfragen. Wir sehen, dass der Regulierungsdruck von allen Seiten zunimmt, während auch Konsumenten mehr und mehr auf nachhaltige Produkte setzen. In jedem Fall bin ich optimistisch, dass die innovativen KMU der Region auch in Zukunft Lösungen für diese Herausforderungen finden werden.
Franziska Fischer Credit Suisse
Name
Franziska Fischer
Position / Unternehmen
Wirtschaftswissenschaftlerin mit den Schwerpunkten öffentliche Finanzen, Schuldentragfähigkeit und wirtschaftliche Auswirkungen des Klimawandels. Fundierte Kenntnisse in den Bereichen Datenanalyse, Wirtschaftsprognosen und Makroforschung